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ANATOMIE UND FUNKTION

DES FEINSTOFFLICHEN ENERGIEKÖRPERS

Es ist schon mehr als 2000 Jahre her, dass der große indische Weise PATANJALI (siehe vorigen Beitrag) die Praktiken des „Asthanga – Yogas“ in seinen berühmten „Yoga Sutras“ systematisierte.

Der „Asthanga – Yoga“ besteht, wie wir uns erinnern können, aus acht (astha) Gliedern (anga) oder Ab-schnitten von Verhaltens- und Tätigkeitsformen, die auf die „Vereinigung“ (Wortbedeutung von „Yoga“) mit der Gottheit gerichtet sind.

(siehe Beitrag ashtanga). Einer der wichtigsten Haupt- und Grundsätze der „Yoga Sutras“ lautet:

Yogash chitta vritti nirodha

„Yoga ist die Unterbrechung der Gedankenwellen des Verstandes“

Wir können also die „Vereinigung“ („Yoga“) mit dem göttlichen Quellpunkt allen Seins da-durch erreichen, dass wir unsere mentalen Aktivitäten (Vritti – Gedankenwellen) zum Stillstand bringen. Innerhalb dieses achtfachen Prozesses des „Asthanga – Yogas“ richten sich besonders die Körper- und Handhaltungen („Asanas“ und „Mudras“) sowie die yogischen Atemübungen („Pranayama“) auf die stufenweise und kontrollierte Stimulierung des „Subtilen Körpers“, auf die Reinigung der „Subtilen Energiekanäle“ („Nadis“) und die Stärkung der „Lebensenergie“ („Prana“). Das Ziel dieser Praktiken besteht in der Erweckung der „Schlangenkraft“ („Kundalini“), die ihren Sitz an der Basis der Wirbelsäule hat und selbst einen großen Lebensenergiespeicher darstellt.

Die „Lebensenergie“ („Prana“) wird in fünf verschieden Qualitäten („Vayus“ oder „Lebens-lüfte“), unterteilt, die verschiedenen Funktionen und Lokalisationen innerhalb des physischen, ma-teriell grobstofflichen Körpers zugeordnet werden. Diese fünf „Vayus“ werden als „Prana Vayu“, „Apana Vayu“, „Samana Vayu“, „Udana Vayu“ und „Vyana Vayu“ bezeichnet.

Udana Vayu (Aufsteigende Luft) agiert zwischen dem Kehlkopf und dem Kopfhaarwirbel, kon-trolliert die Sprache, das Erbrechen und das Gleichgewicht, hält den Körper in aufrechter Position und stärkt Gedächtnis und Intellekt. Im „Yoga“ verhilft es zum Aufstieg „Kundalinis“ bis zum „Sahasrara Padma“ („Scheitel- oder Kronen -Chakra“).

Prana Vayu (Lebensluft) wirkt im Bereich zwischen dem Kehlkopf und dem Nabel, kontrol-liert die Sprache, den Schluckakt, die Zirkulation, die Körpertemperatur und die Atmung. Verhilft im „Yoga“, „Kundalini“ bis zum „Udana Vayu“ anzuheben.

Samana Vayu (Unveränderliche Luft) wirkt zwischen Nabel und Herz, kontrolliert das Gleichge-wicht zwischen „Prana Vayu“ und „Apana Vayu“, kontrolliert die Verdauung (die Sekretion der Verdauungssäfte im Magen, Zwölffingerdarm, Dünndarm und in der Leber) und verteilt die wichtigsten Nährsubstanzen im ganzen Körper. Im „Yoga“ stimuliert es „Apana“ und „Prana Vayu“ und unterstützt die nach oben führende Bewegung „Kundalinis“.

Vyana Vayu (Ausgebreitete Luft) wirkt im ganzen Körper und unterstützt die Funktionsweise der anderen „Pranas“, kontrolliert die Körperbewegungen, die Zirkulation und die 122

Herztätigkeit, hilft bei der Funktion der Nerven und der subtilen „Nadis“ und ma-nifestiert sich als „Aura“ rund um den Körper.

Apana Vayu (Absteigende Luft) hat den Wirkungsbereich zwischen Nabel und Fußsohlen und eine nach unten gerichtete Bewegung, kontrolliert die Verdauung, die Ausschei-dung, die Fortpflanzung und den Geburtsakt. Im „Yoga“ verhilft sie „Kundalini“ dazu, sich mit „Prana Vayu“ zu verbinden.

Diese fünf „Vayus“ stellen fünf verschiedene Aspekte der „Lebensenergie“ („Prana“) bzw. fünf Strömungen subtiler Regulationskräfte des Lebens dar.

(siehe auch Beitrag tanmatras)

DER SUBTILE KÖRPER

Innerhalb des „Grobstofflich – Physischen Körpers“ gibt es noch einen anderen, aus un-sichtbaren Strukturen und Energien (Kundalini, Chakras und Nadis) zusammengesetzten „Fein-stofflichen, Subtilen Körper“, und innerhalb dieses „Feinstofflichen Körpers“ befindet sich der sog. „Kausale Körper“, der als der Ursprung sowohl des grob- als auch des feinstofflichen physischen Körpers betrachtet wird. Der „Subtile Körper“, dem dabei die Aufgabe einer Brücke zwischen dem aus fester, flüssiger und gasförmiger Materie bestehenden „Grobstofflich – Physischen“ und dem „Kausalen Körper“ zukommt, stellt gleichzeitig das Mittel für die Erleuchtung des praktizierenden „Yogis“ dar.

Kundalini ist gespeicherte „Lebensenergie“ und befindet sich an der Basis der Wirbel-säule. Die Wortbezeichnung „Kundalini“ leitet sich vom Sanskritwort „Kundal“ ab, das „zusammenrollen“ bedeutet. Wegen ihrer schraubenförmigen Bewe-gung wird sie mit einer Schlange verglichen, die sich im schlafenden Zu-stand mit dreieinhalb Windungen um den sog. „Svayambhu Lingam“ herum aufgerollt befindet. „Kundalini“ kann nur durch die Techniken des „Hatha-, Kundalini-, Tantra-, Kriya- und Laya-Yogas“ aktiviert werden. Sobald sie ein-mal erregt worden ist, bewegt sie sich im subtilen Hauptkanal („Shushumna Nadi“) nach oben, indem sie der Reihe nach in die „Subtilen, psychosomati-schen Energiezentren“ („Chakras“) eindringt, die verschiedene Generatoren-ebenen für spezifische Klassen psychosomatischer Energie darstellen.

Die Erfahrungen des „Hatha – “ und des „Kundalini – Yogas“ zeigen, dass sich „Kundalini“ als „Lebensenergie“ in statischer und kinetischer Form manifestiert. Während der kinetische As-pekt dem körperlichen Überleben dient, befindet sich der statische Aspekt im Schlafzustand, so-lange sich der Verstand nur mit seinen gewöhnlichen, weltlichen Tätigkeiten beschäftigt. Solange die Illusion vorherrscht, dass „Ich der Körper bin“, verweilt der statische Aspekt im inaktiven Ruhe-zustand und erwacht erst dann, sobald sich die körperlichen Anhaftungen zu verflüchtigen begin-nen. Erst von da an wird „Kundalini“ zur Energie, mit der man „Yoga“, „Vereinigung“, erlangen kann. Die Aktivierung „Kundalinis“ erfolgt also, sobald man auf die nach außen, auf die Sinnesob-jekte der äußeren Welt gerichteten Tätigkeiten verzichtet. Die Ausrichtung der Bewusstseinstätig-keiten nach innen schließt die Einkehr in sich selbst und die Absonderung des Verstandes von den Phänomenen der Außenwelt mit ein. Sie ist die unbedingte Voraussetzung dafür, dass der stati-sche Energieaspekt „Kundalinis“ kinetisch wird: Erst jetzt kann sie, nach oben hin aufsteigend, alle „Psychosomatische Energiezentren“ („Chakras“) durchqueren, die sich entlang der Wirbelsäule befinden. Im einmal erwachten Zustand entfaltet sie ihre Tätigkeiten über die „Subtilen Leiter“ oder „Nadis“.

Nadis Das Wort „Nadi“ stammt aus der Sanskritwurzel „Nad“, was „Bewegung“ be-deutet. Im alten „Rig Veda“ bedeutet es „Strömung“, aber dem Begriff der „Nadis“ liegt zugrunde, dass es sich um Kanäle oder Leiter handelt.

In das Konzept der „Nadis“ sind auch die Meridiane der Akupunktur, das Herz – Kreislaufsystem, das Lymphsystem, die Nerven, der „Manovahini“ oder „Ma-no Vaha“ (der „Kanal des Verstandes“) und der „Chittavaha“ („Kanal der Chitta“ oder des „Seins“) miteinbezogen.

Es gibt zwei Gattungen von „Nadis“, nämlich subtile oder unsichtbare Kanäle für die subtile Energie und grobe, sichtbare Kanäle für die subtile Energie, wie etwa die Nerven. Obwohl es ein unermesslich großes Netz von „Nadis“ gibt (es werden 72.000 genannt), die über den ganzen Kör-per verteilt sind, interessieren sich die yogischen Praktiken ausschließlich für die drei „Hauptnadis“:

SHUSHUMNA, IDA, PINGALA

Von diesen drei wichtigsten „Nadis“ ist „Shushumna“, der Zentralkanal, der wichtigste bei den Praktiken des „Yogas“. Einige der „Groben Nadis“, wie etwa die Nerven, sind der modernen Wissenschaft bekannt. Aber die „Subtilen Nadis“, die keine physische Form sichtbarer Natur besit-zen, können durch weniger subtile Mittel weder lokalisiert noch beobachtet werden. Es gibt zwei Klassen „Subtiler Nadis“:

Pranavaha Nadis – Leiter der Lebensenergie („Prana“)

Manovaha Nadis – Leiter für die Gedankenkraft.

Die Akupunkturmeridiane gehören zu den „Pranavaha Nadis“. Obwohl die „Nadis“ nicht be-schrieben werden können, stehen sie in irgendeiner Weise mit dem autonomen Nervensystem in Verbindung. Die zwischen den fein- und grobstofflichen „Nadis“ bestehenden Wechselwirkungen entsprechen den zwischen den psychischen und physiologischen Tätigkeiten bestehenden Beziehungen.

Alle „Nadis“ sind „Shushumna“ untergeordnet. Das „Muladhara Chakra“ ist als erstes „Chakra“ (auf der Höhe des Steißbeines) der Treffpunkt der drei oben genannten „Hauptnadis“ und wird deswegen auch als „Yukta Triveni“, der Ort der Vereinigung („yukta“, verbunden) der drei (tri) Strömungen (veni) bezeichnet.

Shushumna „Shushumna“ nimmt eine zentrale Position ein, weil dieser Kanal „Kundalini“ nach oben leitet. „Shushumna“ wurzelt im „Muladhara Chakra“, wo „Kundalini“ sich in ihrem statischen Schlafzustand befindet. Von dort steigt er entlang der Wirbelsäule bis zum auch als „Tausendblättriger Lotus“ bezeichneten „7. Chakra“ im Scheitelbereich des Kopfes auf. Auf der Höhe der Schädelbasis teilt er sich in einen vorderen und einen hinteren Ast. Der vordere Ast zieht über den Gaumen nach vorne, kreuzt danach das sechste oder „Ajña Chakra“ auf der Stirn zwischen den Augenbrauen und endet schließlich im „Sahasrara Padma“ im oberen Teil des Kopfes. Der hintere Ast zieht über den Hinterkopf, um sich schließlich ebenfalls mit dem „Sahasrara Padma“ zu vereinigen.

Ida & Pingala „Ida“ beginnt seinen Verlauf an der linken Seite und „Pingala“ an der rechten Seite von „Shushumna“ an der Basis der Wirbelsäule. Diese beiden „Nadis“ kreuzen sich in Form der zwei hippokratischen Schlangen jeweils in der Mitte zwischen zwei der sieben „Chakras“ und in dem an der Schädelbasis befindli-chen „Mastaka Granthi“, wobei sie „Shushumna“ spiralig umwendeln. Von „Mastaka Granthi“ aus ziehen „Ida“ nach rechts und „Pingala“ nach links um den Kopf, um sich neuerdings im „Ajña – Chakra“ zu kreuzen. Danach verlässt „Ida“ den Kopf durch die linke, „Pingala“ durch die rechte Nasenöffnung. „Ida“ wird mit der weiblich – mütterlichen Mond – oder „Yin – Energie“, „Pingala“ mit der männlichen Sonnen – oder „Yang – Energie“ in Beziehung gesetzt. 

Im „Svara – Yoga“ repräsentiert „Ida“ die linke, durch die linke Nasenhälfte, und „Pingala“ die rechte, durch die rechte Nasenhälfte geführte Atmungstätigkeit. Die durch „Ida“ fließende Mondenergie wird mit dem Gemütszustand der Seele, die durch „Pingala“ geleitete Sonnenenergie mit den verbalen und Verstandestätigkeiten in Beziehung gesetzt. In der Praxis des „Pranayama – Yogas“ wird beabsichtigt, während des Tages die linke Nasenöffnung zum Ausgleich der Sonnen-energie während der Tagesstunden für die Atmung offen zu halten, und während der Nacht durch die rechte Nasenöffnung zu atmen, da dann die Mondenergie überwiegt. Auf diese Weise wird ein Gleichgewichtszustand der psychosomatischen Tätigkeiten des Körpers begünstigt. Sowohl „Ida“ als auch „Pingala“ sind sowohl „Manovahi“ als auch „Pranavahi – Nadis“. Die Kontrolle über „Ida“ und „Pingala“ kann durch die Praxis des „Svara – Yogas“ oder die „Sadhanas“ (Disziplinen) des „Pranayama – Yogas“ erlangt werden.

Es gibt noch weitere sieben „Hauptnadis“, die nach dem „Shiva Svarodaya“ mit den übrigen „Pforten des Körpers“ in Verbindung stehen: „Gandhari“ mit dem linken und „Hastajihva“ mit dem rechten Auge, „Yashasvini“ mit dem linken und „Pusha“ mit dem rechten Ohr. „Alambhusha“ mit dem Mund, „Kuhu“ mit den Genitalien und „Shankini“ mit dem Anus.